Leben mit Baby

Heute auf dem Spielplatz…

Liebes Tagebuch,

du ahnst nicht, was mir heute passiert ist! Nach dem Eisessen wollte Lotti gerne noch auf den Spielplatz gehen und weil das Wetter so gut war, dachte ich mir, dass es bestimmt ganz schön ist, noch ein wenig Zeit draußen zu verbringen. Praktischer Weise hatte ich auch mein neues Buch eingepackt, sodass ich einen netten Zeitvertreib hatte, während Lotti auf dem Klettergerüst gespielt hat. Ich finde es so toll, wie sie sich entwickelt hat und mit ihren 4 Jahren brauche ich ihr nun kaum noch zu helfen. Ich bin wirklich furchtbar stolz auf sie. Auf dem Spielplatz waren noch drei andere Mütter mit ihren Kindern, das gute Wetter wollten wohl alle ausnutzen. Ein Mädchen war wohl etwas älter als Lotti, sie sprang schon viel mehr herum und turnte auf den obersten Stangen des Klettergerüsts, da klettert meine Lotti noch nicht. Und dann waren da noch zwei Babys. Na, was heißt Baby? Beide konnten schon laufen, waren aber wirklich noch sehr klein. In dem Alter, wo man sich noch alles in den Mund steckt und noch bei allem Hilfe braucht. Ich vermisse diese Zeit ja, die war mit Lotti so aufregend. Ich konnte ihr so viel zeigen, ihr eine Hilfe und Stütze sein. Die Mütter der beiden Babys allerdings, die haben ihre Babys überhaupt nicht unterstützt! Die Kleinen sind ganz alleine über den Spielplatz gelaufen, haben sich alles in den Mund gesteckt: Steine, Stöcke und wer weiß was noch! Und niemand hat den beiden geholfen, wenn sie auf eins der Karusselle, oder den Kletterturm klettern wollten. Ich habe beide dann zusammen mit Lotti ein wenig im Karussell gedreht. Als das eine Baby dann aber zum Fahrradweg lief, konnte ich nicht mehr wegschauen und musste hinterher! Die Mutter blieb einfach seelenruhig auf der Bank sitzen und redete mit ihrer Freundin, während ihr Kind auf die Straße lief! Das kann ich absolut nicht verstehen, wie man seine Verantwortung so abschieben kann. Ich bin dann hinterher gelaufen und habe das Baby wieder zum Spielplatz zurück geholt und habe es auf die Wippe gesetzt. Dort wollte es wippen, also habe ich es ein wenig angeschuckelt, seine Mutter wollte dies ja anscheinend nicht tun. Der Kleine hatte so eine Freunde dabei! Das ist so schön, die Kleinen freuen sich noch über so einfache Sachen, mit Kleinigkeiten kann man ihnen ein Lächeln ins Gesicht zaubern. Umso tragischer finde ich es, wenn die Kleinen einfach sich selbst überlassen werden. Warum geht die Mutter dann überhaupt auf einen Spielplatz? Die Kleinen können doch noch nichts alleine und brauchen Unterstützung, da hätte sie auch gleich zu Hause bleiben können, wenn sie ihnen diese nicht zukommen lassen möchte. Wenigstens hat die Mutter ihrem Kind zwischendurch etwas zu Trinken angeboten, ganz abwesend war sie also nicht. Nachdem die beiden Mütter mit ihren Kindern gegangen waren musste ich meine Lotti erstmal drücken und habe eine Runde mit ihr gespielt, das ist doch das Schönste: Zeit mit den Kindern zu verbringen!

Liebes Tagebuch,

stell dir vor, heute auf dem Spielplatz war was los. Erst war ich total perplex, jetzt finde ich es eigentlich nur noch amüsant, hoffe aber natürlich, dass sowas nicht so schnell wieder vorkommt. Was denken sich eigentlich manche Menschen?

Ich war heute mit Tom auf dem Spielplatz, zum Glück hatten Lisa und Anni auch Zeit, für Tom ist es einfach schöner, wenn er mit Anni “spielen” kann. Ganz zu schweigen natürlich, was es für mich bedeutet, nicht alleine auf dem Spielplatz herum sitzen zu müssen! Leider war der Spielplatz für zwei so kleine Mäuse noch nicht wirklich was. Das Klettergerüst war für Große, das Karussell zu schnell, Schaukeln wollten sie nicht. Also sind die beiden einfach umher gelaufen und haben geschaut, was sie anstellen können. Es ist echt erstaunlich, wie mobil die beiden sind. Ich meine Tom mit seinen 15 Monaten läuft ja schon eine Weile, aber nun fängt er auch an richtig zu klettern und sich alles zu erobern. Und die Kleine Anni kann gut mithalten, obwohl sie ja gerade erst Geburtstag hatte! Die beiden sind so selbstständig, das ist einfach schön zu beobachten. Und man merkt richtig, wie sie es genießen die Welt zu entdecken. Da finden sie einen Stein, dort fliegt ein Marienkäfer. Gerade reden Lisa und ich noch darüber, was Kinder alles können, wie schnell sie lernen, wenn man sie einfach mal machen lässt, da kommt doch so eine Mutti und nimmt Tom einfach mit!? Das sie ihn auf dem Karussell anschupsen wollte ist ja noch ok, aber dann ist sie ihm die ganze Zeit nachgelaufen, hat geschaut, was er aufhebt (und hat es ihm wieder weggenommen) und wohin er läuft (wobei sie ihm ständig an die Hand genommen und in eine andere Richtung gezogen hat). Als er in Richtung Spielplatzausgang gesteuert ist, ist sie sofort hinterher gelaufen. Irgendwie scheint ihr nicht aufgegangen zu sein, dass ich das auch machen könnte? Oder dass das Kind nur gucken möchte? Ich saß da und habe geschaut was er macht, natürlich hätte ich auch jeder Zeit eingreifen können. Sie stand aber die gesamte Zeit neben ihm und lief ihm hinterher. Dann nimmt sie ihn also an der Hand und führt ihn wieder auf den Spielplatz und setzt ihn auf die Wippe. Warum? Dort hat sie sich ungelogen um die 5 Minuten mit ihm beschäftigt. Klar, 5 Minuten klingt jetzt nicht viel, aber stell dir mal vor du nimmst dir ein wildfremdes Kind und spielst mit ihm, da sind 5 Minuten schon viel, oder? Also spielt sie und spielt…und ich stehe da, 10 Meter entfernt (natürlich nicht mehr auf der Bank) und schaue den beiden zu. Immer wieder frage ich Lisa: Was soll das? Sag ich da jetzt was? Was macht sie da? Als Tom keine Lust mehr hat zu Wippen nutze ich die Gelegenheit und biete ihm Wasser an und ruf ihn so zu mir. Die Mutti ist wieder weiter gezogen zu ihrer Bank. Warum spielt sie nicht mit ihrem Kind, wenn sie unbedingt spielen möchte? Das ist nämlich die gesamte Zeit alleine über den Spielplatz gelaufen.

Es war dann schon spät und wir sind aufgebrochen, sodass da gar nicht mehr viel mehr passieren konnte, aber merkwürdig war diese Situation schon. In der Situation war ich total perplex, wusste nicht genau, was ich sagen sollte, zu der Frau, die sich einfach mein Kind schnappt. Jetzt, wenn ich an die Situation zurückdenke, finde ich es einfach nur noch komisch. Was hat sie da gemacht?

 

Zwei Mütter, ein Nachmittag auf dem Spielplatz.

Eine Situation, zwei komplett verschiedene Ansichten.

 

Als wir heute auf dem Spielplatz waren ist uns das genau so passiert. Auf dem Nachhauseweg haben wir uns gefragt: Was wird da heute beim Abendbrot wohl erzählt? Von der Mutter, die einfach nicht auf ihr Baby achten möchte und es total alleine auf dem Spielplatz lässt? Und von der Mutter, die sich einfach in das Spiel fremder Kinder einmischt, die Eltern, die direkt daneben sitzen missachtet? Was ging in dem Kopf der Mutter vor? Keine der beiden hatte böse Absichten, wollte seinem oder einem anderen Kind böses, hat es vernachlässigen oder es aus den Augen gelassen, trotzdem kam es zu zwei solch konträren Verhaltensweisen, dass die Situation wirklich schnell komische Züge angenommen hat.

Dies zeigt nicht nur, wie unterschiedlich die Bedürfnisse von Kindern (und Eltern!) sein können, sondern auch, dass es gefühlt eine Million Wege geht damit umzugehen. So unterschiedliche Wege Elternschaft, Kindheit, Er-/Beziehung, Spiel, und Freiraum (und so vieles mehr) zu sehen und auch zu leben, das es passieren kann, dass man seine eigenen Erwartungen und Wünsche schnell auf andere überträgt. Manchmal ist das auch okay, aber man sollte nie vergessen, dass man anderen nicht einfach eine Meinung oder Einstellung überstülpen kann! Und Unterstützung und Freiraum sind auch nicht gegensätzlich, oder schließen sich aus, ganz im Gegenteil brauchen Kinder beides um sich frei entfalten zu können, so meine Meinung. Ob ein Kind nun mehr Unterstützung, mehr Freiraum oder von jedem ein bisschen braucht, das kommt auf das Kind an. Und da sind wir bei dem Punkt, weshalb ich das Eingreifen fremder Personen auf dem Spielplatz oder sonst einem öffentlichen Platz für unnötig und ungerechtfertigt halte: ihr kennt mein Kind nicht. Ihr kennt andere Kinder nicht. Ihr kennt eure Kinder. Ihr kennt ihre Bedürfnisse. Auch wenn ihr gerne helfen möchtet, auch wenn es manchmal für die Erziehung ein ganzes Dorf braucht, braucht mein Kind auf dem Spielplatz keine fremde Hilfe, außer es fragt ausdrücklich danach (und das können selbst 1 jährige. Man muss nur aufmerksam sein!). Wenn mein Kind etwas falsch gemacht hat, wenn es gestürzt ist, wenn es mich kurz nicht sieht (obwohl ich es nie außer Sichtweite lasse, auch wenn das die meisten Eltern gerne denken), bin ich über eine kurze Unterstützung sehr dankbar. Aber es ist nicht nötig mit meinem Kind zu spielen, seine Hand zu nehmen und es herumzuführen. Wenn jemand findet, dass das aber sehr wohl nötig ist, kann er gerne immer zu mir kommen und wir reden darüber, wie selbstständig meine beiden Mädels sind, dass ich immer da bin um zu helfen, selbst wenn ich redend auf der Bank sitze, und darüber, dass es unnötig ist Kinder auf Klettergerüste zu heben, auf die sie alleine nicht herauf kommen. Denn diese sind extra so gebaut, dass Kinder erst auf die jeweiligen Bereiche kommen, auf denen sie auch kraft- und altersgerecht spielen können. Kommen sie nicht rauf, sind sie auch zu klein um dort zu spielen. Ganz einfach!

Auch wenn die Situation oben nicht  mich betroffen hat, so habe ich mir doch lange den Kopf darüber zerbrochen, habe ein wenig gelacht, habe die Geschichte weitererzählt und mir dann wieder den Kopf zerbrochen. Wir Eltern haben es nicht leicht, denn wo es kein “Richtig” gibt, kann man auch nichts “richtig” machen. Wenn wir uns einigermaßen darauf verständigt haben, wie der eigene Weg verläuft und wie wir ihn unseren Kindern näherbringen, ist es immer schwer zu sehen, dass andere das ganz anders machen.  Aber das ist kein Grund, diese Eltern zu übergehen! Ganz im Gegenteil könnten wir noch das ein oder andere voneinander lernen, wenn wir einfach mehr reden würden…

 

Liebe Grüße,

Jenny

 

4 Kommentare

    • Berggeschwister

      Es ist erstaunlich, wie oft wir als Eltern in den gleichen Situationen stecken und doch nicht wirklich empathisch mit anderen Eltern / Situationen umgehen können! Unser Blick verengt sich ganz schnell (wenn es um Kinder geht?) und lässt alles andere nebensächlich werden. Das ist manchmal echt schade! Lg Jenny

  • Yelena

    Danke Jenny für den interessanten Tagebucheintrag über deine Erfahrung auf dem Spielplatz. Zurzeit besuchen wir mit den Kindern ein Indoorspielplatz und sind leider bereits einigen Konflikten entgegengekommen. Mit kleinen Kindern lässt sich sowas nicht vermeiden. Es ist schade zu hören, wie verantwortungslos die Mütter an diesem Tag gewesen sind und ich bin sehr dankbar, dass du an Ort und Stelle warst!

    • Jenny

      Vielen Dank,
      ich denke Konflikte wird es immer geben (auch wenn viele leider völlig unnötig sind). Ich probiere mich wenigstens ansatzweise in die Situation des anderen hineinzuversetzen, bzw. mir zu denken, dass ich diese Seite eben gar nicht kenne. Ihc hoffe einfach, dass jeder sein bestes gibt, bzw. das best mögllichste im Sinn hat mit seinen Handlungen, auch wenn sie einem manchmal komisch, oder gar falsch vorkommen.
      Liebe Grüße,
      Jenny

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