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Stille

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Auf dem Blog zur Stille wurde zu einer interessanten Blogparade aufgerufen: Stille, die der Mensch ist. Wenn ich an Stille denke, fühlt sich das für mich positiv an. Und beruhigend. Es ist schwer zu beschreiben und ich weiß, dass nicht alle Menschen sie gut finden. Aber ich mag sie. Und ich brauche sie, und zwar nicht nur aus den auf dem Blog angegeben Gründen. Aber dazu hole ich lieber etwas aus:

Es ist etwas, das vollkommen verloren geht als Mutter. Stille. Radio, Hörspiel, Warum-Fragen, Gebettel, Fragen nach Essen, Gepupse und Gerülpse, Serien, Unterhaltungen und Hektik. Ja sogar Hektik vertreibt die Stille: man macht alles schneller, reißt die Jacken vom Ständer, wirft sich schnell alles über, brüllt nochmal ins Nebenzimmer, weil man los muss, um den Bus zu erwischen. Das Leben einer Mutter ist voller Laute. Aber Stille ist fast nirgends mehr und ich kann mich auch schwer auf sie einlassen. Selbst nachts, wenn mich rein theoretisch die Stille umgeben könnte nutze ich die Zeit, um den kleinen Drache Kokosnuss gegen meine Musik zu tauschen, Lauras Stern aus zu machen und lieber The Walking Death zu schauen, oder vertreibe die Stille, in dem ich mich auf die Atemgeräusche von Rebekka konzentriere, bis ich selber eingeschlafen bin. Immerhin möchte ich wissen, dass bei ihr alles ok ist und sie sicher und ruhig schläft.

Ich habe ja schon das ein oder andere Mal geschrieben, dass ich gerne auch mal alleine bin. Das ist natürlich untertrieben. Ich brauche meine Zeit alleine. Oder um deutlicher zu werden: ich dreh durch, wenn ich nicht auch mal für mich bin. Nicht nur nebenan in einem anderen Zimmer, für eine Stunde (obwohl das im Ernstfall auch schon hilft), sondern mal so richtig alleine. Dann höre ich gerne Musik und singe lauthals mit, oder umgebe mich mit Stille. Es ist natürlich nie richtig ruhig, still. Aber es ist so schön, wenn alle lauten, alltäglichen Geräusche einmal weg sind, und man nur noch die kleinen, nebensächlichen Geräusche hört. Der Kühlschrank, der neben mir leise vor sich hinsurrt. Die Heizung, die gluckert. Das Ticken der Uhr. Das Klicken der Tastatur beim Schreiben. Die Kleinigkeiten, die man sonst einfach nicht wahrnimmt, oder vergisst, weil alles andere so viel lauter ist. Erst diese Woche, als wir einen Ausflug in den Wald gemacht haben, ist es mir wieder aufgefallen: warum scheint ständig das Prinzip “je lauter, desto wichtiger/richtiger“ zu greifen? Hanna lief lauthals erzählend, singend, lachend durch den Wald. Klar, sie hatte Freude, ist umher gerannt, hat sich versteckt, hat ihre Fragen gestellt zu Pilzen, Bäumen, Tieren. Alles schön und gut. Aber ruhig war sie nicht. Sie erzählte gerade wieder, als ich sagte: sei ruhig Hanna. Sie dachte, es sei eine Ermahnung und reagierte empört. Ich: Nein, Hanna, hör auf zu reden. Und? Die Mütter 4 Jähriger Kinder unter uns können es sich jetzt wohl denken: „Warum Mama?“ Ich also: Hanna, höre einfach zu. Und da hörte sie es. Ein winzig kleiner Vogel mit einem beeindruckendem Gesang, den man nur hört, wenn alles andere still ist.

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Vor allem die Stille im Wald versetzt mich zurück in meine Kindheit. Ich bin Einzelkind einer alleinerziehenden Mutter. Allein und Stille sind also für mich keine Fremdworte. Klar, es ist etwas, an das ich mich gewöhnt habe, weil es einfach nicht anders ging, aber ich habe es auch sehr zu schätzen gelernt. In den Urlauben mit meiner Mutter sind wir oft zu zweit irgendwo hingefahren, gerne aufs Land (in Polen, Mensch gabs da tolle Fleckchen!). Oder campen, also auch Wald. Ob meine Mutter auch so fasziniert ist von der Stille, oder ob sie einfach kein Bock auf mein Gequassel hatte, weiß ich gar nicht, aber im Wald waren wir ruhig. Wir haben Spuren und Tiere gesucht, haben den Vögeln zugehört und sind nicht, so wie Hanna heute singend und redend durchgelaufen. Wir haben uns den Wald angeschaut, und nicht einfach einen Spaziergange gemacht. Wir haben Fährten gesucht und gefunden, Eichhörnchen und Rehe gesehen (wahrscheinlich auch mehr), haben den Specht klopfen gehört und den verschiedenen Vogelgesängen gelauscht. Wunderbar. Ich verbinde damit so viel Positives.

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Wenn es mal still ist, kann man mal einen klaren Kopf bekommen. Nicht nur im Wald, am Meer, oder sonstwo in der Natur, auch wenn man sich zu Hause ein wenig Zeit nimmt, ist es viel leichter die Dinge klarer zu sehen. Zum mindestens geht es mir so. Ich kann mal richtig durchatmen und mich auf das konzentrieren, was gerade wichtig ist, ohne dass mir Stress und Alltag um die Ohren fliegen. Manchmal finde ich die Antwort auf eine Frage, die ich schon den ganzen Tag suche genau dann, wenn ich mal abschalte (die vielen Gedanken genauso, wie das ganze Elektrogedöns) und mich einfach mal 5 Minuten hinsetze. Still. Ruhe. Ich denke, deswegen kommen einem auch die besten Einfälle immer Nachts: dann ist es ruhig, außen und innen!

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Aber auch, wenn man in so einer stillen Zeit dazu kommt, sich auf sich zu besinnen, mal einen klaren Kopf zu bekommen und das alltägliche, den Stress abzuschütteln, so ist es vor allem die Achtsamkeit allgemein, die mir dabei so wichtig ist. Denn nicht nur vergesse ich manchmal es etwas ruhiger angehen zu lassen und mehr auf mich zu achten, sondern es geht auch der Blick für andere kleine Dinge verloren, die nicht laut genug schreien, um den Alltagslärm zu übertönen. Man kann das Knarren der Bäume, den Wind in den Ästen und den brechenden Ast unter den eigenen Schritten nur hören, wenn man sie beachtet und ihnen Raum lässt. Das gilt aber natürlich nicht nur für Dinge und Tiere, sondern genauso für Menschen. Manche Zeichen, manche Gesten oder Momente sind einfach zu klein, um sich gegen den Alltagslärm zu behaupten. Das heißt aber nicht, dass sie nicht trotzdem schön oder wichtig sind. Wie ich oben schon meinte, nicht alles was laut ist, ist auch richtig und wichtig. Und das probiere ich auch an Hanna und später an Rebekka weiter zu geben: Stille ist nichts Schlimmes, Stille muss nicht gefüllt werden. Sondern wenn wir still sind, können wir unseren Blick auch mal auf anderes wenden. Auf die eigenen Gedanken, auf unsere Mitmenschen, oder einfach nur den kleinen Vogel.

Dass es dahin ein weiter Weg ist, weiß ich aber. Kinder sind laut. Sie reden gerne, singen gerne, schreien gerne. Schreien eure Kinder auch immer so, wenn sie aus dem Kindergarten kommen? Also nicht ‚gemein anschreien‘, sondern einfach extrem laut reden. Unglaublich! Und so kommt Hanna zu keiner Stille, und ich als Mutter erst recht nicht. Aber manchmal zwinge ich mich dazu. Die neue Folge einer der 100 Serien, die ich gerne schaue, kann ich auch noch später sehen und die Musik kann auch einfach mal ausbleiben. Manchmal brauch ich einfach meine Ruhe, meine Stille, und wenn es nur 10 Minuten sind.

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Schaut unbedingt mal auf dem Blog zur Stille vorbei, bei der Blogparade wurden schon tolle Texte verlinkt! Ein Gedicht (eigentlich bin ich so gar nicht der Gedichttyp, aber das bringt es wirklich schön auf den Punkt!) verlinke ich euch schon mal hier (:

Eure Jenny

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