Freitagsgedanken

Veränderung braucht Zeit, oder?

Neuer Freitag, neue Freitagsgedanken. Heute habe ich mal eine Frage, die mich immer wieder beschäftigt: Warum geht Veränderung manchmal schnell und manchmal braucht es schier ewig? Ich habe ja die Ahnung, dass Akzeptanz eine große Rolle spielt, finde aber für mich keine zufriedenstellende Antwort. Aber ich nehme dich gerne mal mit durch meine Gedanken:

Ich finde es immer wieder bemerkenswert, wie man das Gefühl hat, dass alles um einen herum sich so schnell verändert. Wenn ich nur alleine überlege: als ich klein war kam der Computer „gerade in Mode“. Du weißt schon, dieses riesige Teil mit einem richtig klobigen Bildschirm und MS Dos drauf. Wo man sich noch per Tastatur durch die Pfade arbeitete. Mein Opa hatte so einen und ich habe es geliiiiiebt Keen und Prehistorik darauf zu spielen! (Und für Prehistorik habe ich jetzt extra gegoogelt, das ist mir hängen geblieben, wusste aber nicht mehr, wie das hieß. Witzig, dass es Forenbeiträge gibt, wie nach dem Spiel gesucht wird!).

 

Ich wurde älter und konnte mir in meiner Jugend ein Handy kaufen. So einen riesigen Nokia Klopper. Computer und Handys wurden kleiner, alles immer weiterentwickelt. In nur meinen 36 Lebensjahren hat sich so extrem viel getan, sodass sich die digitale Welt heute gar nicht mehr wegdenken lässt, als ob sie schon immer teil von unser gewesen wäre. 36 Jahre und so ein Unterschied.

 

Und dann wurde ich letztens gefragt woher ich aus Berlin komme. Ich rieche den Braten bei einigen Menschen schon. Nicht den Stadtteil, nein sie wollen, ob ich aus Ost oder West komme. Bei anderen Städten ist die Frage der Herkunft unverfänglich. Woher bist du? Ah Dresden. Zack, alles klar. Köln, auch alles klar. Berlin ist da mit der Teilung etwas schwieriger einzuschätzen. Und so werde ich doch noch immer gefragt: Ost oder West? Kommst du aus Ost- oder Westdeutschland?

Ich antworte auf so etwas nicht direkt. Ich bin in einem ehemaligen Ostgebiet aufgewachsen, das macht mich nicht zu einem Ossi oder Wessi. Ganz davon abgesehen, dass ich noch zwei war, als die Mauer fiel. Knapp, aber erst zwei Jahre alt.

Aber es ist immer noch aktuell. Die Frage ist immer noch relevant. So lange ich in „Ostgebieten“ lebte (obwohl ich Berlin jetzt da mal raushalten würde), war mir das gar nicht so bewusst, erst mit meinem Umzug in ein „Westgebiet“ ist mir aufgefallen, wie groß die Unterschiede sind. Wie relevant, ob man als Frau arbeitet und wie lange man mit den Kindern zu Hause bleibt. Wie manche Sachen angegangen werden. Ich mag das nicht, denn für mich gibt es keine Teilung Deutschlands, die ist lange her. Aber anscheinend nicht lange genug, um aus den Köpfen der Menschen zu verschwinden.

Und jetzt frage ich mich natürlich: warum fühlt sich Entwicklung manchmal schnell an und manchmal nicht (da zähle ich jetzt auch mal die Stellung der Frau mit rein z.B.)? Klar haben auch viele ihre Probleme mit der Digitalisierung und wollen und brauchen auch nicht immer die neusten Geräte. Aber die meisten Menschen Habe ich direkt mal nachgeschaut beim statistischen Bundesamt. Für 2022 galt: auf 100 Bewohner sind 89,9 Internetnutzer, auf je 100 Einwohner gibt es 128,3 Mobilfunkverträge (vielleicht Dopplung wegen Kinder oder Arbeit?). Also die deutliche Mehrheit gibt sich dem hin. Und ich will jetzt nicht sagen, dass die Mehrheit die Union Deutschlands nicht akzeptiert hätte, aber wenn wir langsam anfangen die Preise nicht mehr in DM umzurechnen, warum fragen wir dann noch nach Ost und West?

 

Liebe Grüße,

deine Jenny

2 Kommentare

  • Marita Eckmann

    Hallo liebe Jenny,
    spannende Fragen, die Du Dir stellst. Gibt es die eine Antwort? Vermutlich nicht. Warum fällt uns Veränderung so schwer? Weil die alten Muster schon so lange in uns sind und zu einer unbewussten Denk-Gewohnheit wurden. Über Generationen und in diesem Fall auch durch eine kollektive Erfahrung die jeder mehr oder weniger gut verarbeitet hat.

    Der Mensch sucht ja gerne nach Schuldigen oder nach Negativem und da sind solche Geschichten einfach und dienlich. So lange ich auf etwas projizieren kann, brauche ich mich nicht um mich selbst kümmern. Um meine wirklichen Gedanken und Erfahrungen – und ich muss bei mir nichts ändern. Was für eine Erleichterung! Ich bin okay 😉 Außerdem scheinen wir Schubladen zu lieben: West, Ost, alt, jung, schwarz, weiß… Die Liste ist unendlich lang.

    Und was mir gerade noch einfällt: Es hat auch was mit Identität zu tun. Unsere Geschichten, Erfahrungen und Erlebnisse formen uns, macht unsere Identität und die versuchen wir zu schützen und zu bewahren.

    In einem Interview, das ich kürzlichführte, sagte meine Interviewpartnerin, dass Veränderung leichter fällt, wenn wir uns innerlich stark fühlen. Ich finde diesen Gedanken sehr spannend und lasse ihn einfach mal so stehen.

    Vermutlich könnten wir mit der Suche nach Antworten einen ganzen Tag füllen 😉

    Liebe Grüße und danke für Deinen sehr inspirierenden Impuls
    Marita

    • Jenny

      Liebe Marita,
      vielen Dank für deinen Kommentar! Oh ja, Veränderung berührt so viel, das “um-uns-herum”, uns selbst, die Zeit. Da ist es wirklich nicht verwunderlich, dass es auch Zeit kostet, etwas zu ändern. Und ich glaube cor allem die Teilung Deutschlands hat die Menschen sehr geprägt, ihre Erfahrungen, aber auch, was aus Familie wurde. Wahrscheinlich ist es deswegen viel schwerer zu verarbeiten.
      Interessant fand ich auch den Satz deiner INterviewpartnerin: dass Veränderung leichter fällt, wenn wir uns innerlich stark fühlen. Erscheint mir auch als wahrscheinlich, werde ich auch im Hinterkopf behalten jetzt.
      Liebe Grüße zurück,
      Jenny

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