Heute regieren Sie. Sonderausstellung im Stadtmuseum Kaufbeuren
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Macht & Millionen – Heute regiere ich! Die Sonderausstellung im Stadtmuseum Kaufbeuren

Die Hauptattraktionen des Tänzelfest in Kaufbeuren sind vorbei, aber hier gibt es noch sehr viel mehr zu entdecken. Ich möchte euch mit diesem Beitrag gerne die Sonderausstellung “Macht und Millionen. Heute regiere ich!” ans Herz legen! Ich finde die Idee fiktiv selbst am Kaufbeurer Stadthaushalt mitwirken können so toll, dass ich mit der Leiterin des Stadtmuseums Petra Weber kurzerhand einen Termin ausgemacht habe. Und natürlich möchte ich euch gerne zeigen, was ich in der Ausstellung gesehen und erfahren habe, warum es manchmal um Millionen geht, und vor allem, was es mit den Hebeln der Macht auf sich hat. Ihr wisst, selbst wenn dieser Beitrag nur aus meinem Interesse heraus entstanden ist, muss ich euch jetzt darauf hinweisen, dass das Werbung für das Stadtmuseum ist. Viel Spaß beim Lesen!

Macht und Millionen – Heute regiere ich! – Interview mit Petra Weber

Natürlich habe ich mich gefragt, worum es bei der Ausstellung geht. Besonders interessiert haben mich die Hebel der Macht, mit der am Ende die eigenen Investitionen ausgewertet werden. Bei meinem Besuch im Stadtmuseum habe ich mich mit Petra Weber, der Leiterin, getroffen und sie hat mir die wichtigsten Fragen rund um die Ausstellung beantwortet:

Jenny: Zurzeit gibt es die Mitmachausstellung „Macht und Millionen“ bei Ihnen hier im Stadtmuseum. Das klingt sehr aktuell, eigentlich nicht, was man sich unter Museum vorstellt. Wie kam es denn dazu?

Petra Weber: Wir haben immer mal wieder Mitmachausstellungen im Programm, die wir uns bei anderen Häusern leihen. Diesmal sind wir auf „Macht und Millionen“ aufmerksam geworden, die das Stadtmuseum Tübingen entwickelt hat. Es legt nicht so sehr den Blick zurück, sondern greift etwas sehr Aktuelles auf. Wir können hier ein bisschen nachvollziehen, wie funktioniert eine Stadtverwaltung und wie funktioniert ein städtischer Haushalt. Sie wurde vor 5 Jahren in Tübingen erstellt und die Idee dahinter war, dass man versucht Kommunalpolitik und Investitionen in der Kommunalpolitik sichtbar zu machen und zwar auf eine lebendige Art und Weise. Nicht so, wie man es jetzt hier sieht, eigentlich für alle Bürger einer Stadt einsichtig: der Haushaltsplan. Da stehen alle Zahlen drin, es ist alles öffentlich: für was werden die Steuergelder ausgegeben?!

Haushaltsplan 2018 Kaufbeuren im Stadtmuseum Kaufbeuren

Um das etwas lebendiger zu machen, haben die Kollegen in Tübingen eine Reihe von Künstlern und Fablabbern eingeladen, das sind Tüftler, die sich mit technischen Dingen gut auskennen, und die haben verschiedene Automaten entworfen. Diese Automaten sind verschiedenen Haushaltsposten zugeordnet. Sie funktionieren immer so, dass man etwas hineinwerfen kann, wir haben Spielgeld, und diese Automaten lassen uns dann verschiedene Dinge erleben, jeder funktioniert anders. Sie sind ganz individuell, zum Teil sind sie auch schon ein bisschen in die Jahre gekommen und eigenwillig. Wir spüren das auch so ein bisschen in der Ausstellung, das macht allerdings auf der anderen Seite auch einen gewissen Charme aus.

Die Ausstellung war in Tübingen sehr erfolgreich und sie wird seither ausgeliehen von anderen Orten. Und wir als Museum wollen nicht immer nur zurückschauen, sondern wir würden auch gerne die Gegenwart im Blick behalten. Ich persönlich fand es witzig und charmant, so ein trockenes Thema für Jung und Alt so lebendig rüber zu bringen.

Ich: Das kann ich mir gut vorstellen. Das wäre auch einer meiner Fragen: An wen richtet sich die Ausstellung? Denn die kleineren Kinder, die hier oft zu Besuch im Stadtmuseum sind, können bei dieser Ausstellung ja eher nicht mitmachen.

Petra Weber: Ja, die Kindergärten haben wir diesmal nicht eingeladen, für die ist das noch zu komplex. Da gibt es bei uns eigene Programme, wo wir kindgerecht mit Kindergartenkindern arbeiten können. 

Ab der dritten Klasse aufwärts funktioniert es, ab dieser Stufe haben wir auch ein Schulklassenprogramm. Besonders schön finde ich, dass die Schulklassen hier mitbekommen was in einer Stadt alles passiert, anschließend dann auch noch ins Rathaus gehen und den Sitzungssaal besuchen. Also entweder in den alten, historischen. Der ist sehr beeindruckend mit seinem Kronleuchter und der Holzausstattung und den schönen Gemälden. Oder den neuen, der auch toll ist. Der Tisch dort ist rund, wo sich alle gegenübersitzen können und jeder Stadtrat ein Mikro hat. Dort dürfen die Schulkinder dann selbst ein wenig nachspielen, wie man in einer Stadt Entscheidungen treffen muss. Man hat das spielerisch durch Indianerfedern mit verschiedenen Farben umgesetzt. Es gibt einen Häuptling, der stellt den Oberbürgermeister dar und soll für Ruhe und Ordnung sorgen. Und die verschiedenen Fraktionen müssen dann versuchen, zu einer Entscheidung zu kommen, zum Beispiel bestimmte Gelder zu vergeben.

Neben den Schulklassen sind aber alle Interessierten gerne hier gesehen.

Ich: Und wie kann man sich das jetzt direkt vorstellen? Man kommt hier rein, bekommt ein Säckchen Geld und geht einfach los?

Petra Weber: Bei den Führungen ist das ein bisschen anders. Die sind begleitet, da darf man in der Gruppe immer Dinge entscheiden, aber wenn man alleine ist, dann bekommt man auf jeden Fall so ein Säckchen Geld, da sind 11 Millionen drin, und damit kann man sich durch die verschiedenen Haushaltsposten vorarbeiten.

Säckchen mit 11 Millionen im Stadtmuseum Kaufbeuren

Ein Rundgang durch die Sonderaustellung im Stadtmuseum Kaufbeuren

Und so geht man also los und kann sich die verschiedenen Haushaltsposten anschauen. Insgesamt werden in der Ausstellung die Posten Schule, Kultur, Feuerwehr, Kitas, Jugend, Sport, Senioren, Stadtpflege, Wohnen, Straßenbau und Wirtschaftsförderung betrachtet.  Außerdem hat man die Möglichkeit in ein eigenes Projekt zu investieren, auf das ich aber später nochmal eingehen werde.

Schautafel zum Haushaltsposten Stadtpflege Kaufbeuren im Stadtmuseum

Die einzelnen Stationen sind so aufgebaut, dass es eine Schautafel mit Bildern gibt, auf der einige der derzeitigen Einsatzgebiete zu sehen sind, die von dem jeweiligen Haushalt gefördert werden. Neben den Bildern gibt es aber natürlich auch noch kleine Texte, in denen Daten und Fakten genannt und ein grober Überblick verschafft wird. Obwohl das wirklich nicht viel Text ist, kann man hier schon sehr viele Informationen herausziehen.

Und abschließend gibt es an jeder Station noch eine kleine Investitionshilfe, denn darum geht es ja schließlich. Kurz und knapp und überzogen (was aber wirklich witzig dargestellt ist) wird gezeigt: was passiert, wenn man in diesem Haushalt weniger bis gar nichts mehr investiert? Muss man zum Beispiel ein Angebot für Jugendliche haben? Die können sich doch einfach selbst beschäftigen! Wie ist der derzeitige Stand, also was passiert, wenn die Investitionen gleichbleiben. Und dann, was passieren würde, wenn man mehr investieren würde.

Dieser Posten ist ziemlich interessant, weil es die tatsächlichen Wünsche der Haushaltsposten in Kaufbeuren wiederspiegelt. Dazu hat sich das Stadtmuseum mit den einzelnen Abteilungen getroffen und die drei Zustände besprochen, aber auch geschaut, was man in den einzelnen Abteilungen verbessern könnte, was gebraucht wird. Denn alles beruht auf realen Zahlen und Fakten aus dem Haushaltsjahr 2018 in Kaufbeuren!

Maschine Investiere und Profitiere im Stadtmuseum Kaufbeuren Sonderausstellung Macht udn Millionen

Die einzelnen Stationen sind unterschiedlich gestaltet und laden manchmal zum Mitmachen ein, manchmal kann man sie nur betrachten. Jede Maschine ist einzigartig und hat künstlerischen Wert.

Nun wissen wir eigentlich alles Wissenswerte zum Aufbau, aber wie funktioniert der Rundgang den nun?

An der Kasse bekommt man ein Säckchen mit 11 Millionen Euro (Spielgeld selbstverständlich 😉 ). Wenn man den Komplex für die Sonderausstellung betritt, sieht man direkt die dicken Haushaltsbücher. Dort kann man sich die Zahlen anschauen, oder man macht sich gleich auf Entdeckungstour.

Die einzelnen Haushaltsposten sind klar voneinander getrennt und können nun nacheinander angeschaut werden. Es lohnt auf jeden Fall die einzelnen Texte durchzulesen. Es gab viele Stellen, an denen ich echt beeindruckt, aber auch erschüttert war. Wusstet ihr, dass es in Kaufbeuren nur sieben hauptamtliche Feuerwehrleute gibt? Sieben!

Auch sehr interessant fand ich die Zahlen zu Schulen in Kaufbeuren. Seit letztem Jahr betrifft es uns ja auch direkt und da möchte ich schon wissen, was in den Schulen geplant ist, bzw. wo Nachrüstungsbedarf besteht. Ich wusste gar nicht, dass die Personalkosten für die Lehrkräfte größtenteils vom Freistaat Bayern übernommen werden. Aber stellt euch mal vor, mit 17,83 Millionen Euro nimmt die Schule trotzdem mit Abstand größten Posten ein. Und natürlich reicht das Geld trotzdem vorne und hinten nicht.

Und als letzten Fakt, den ich echt erschütternd fand: von den 549 Wohnungen, die durch den städtischen Eigenbetrieb vermietet werden, sind nur 17 seniorengerecht. 17! Das geht doch nicht! Und im Gegensatz zum Sport zum Beispiel ist es ein Lacher, was mehr an Geld gebraucht wird, um nachzurüsten.

Spielgeld in einen Automaten werfen im Stadtmuseum Kaufbeuren

An jeder Station könnt ihr euch nun mithilfe der Schätzungen (was passiert bei weniger, gleichstand, mehr Investitionen) entscheiden, ob ihr hier etwas von euren 11 Millionen investieren möchtet. Die Maschinen funktionieren übrigens nur bei Investition! Möchtet ihr nicht zahlen, dann zieht ihr an dieser Station vorbei, ohne die laufende Maschine zu sehen. Natürlich könnt ihr während der Ausstellung jederzeit zurückgehen. Der Rundgang ist zwar logisch aufgebaut, aber keineswegs fest!

Schwäbische Hausfrau verleiht Geld im Stadtmuseum Kaufbeuren

Habt ihr zu viel ausgegeben und euch ist das Geld ausgegangen habt ihr die Möglichkeit am hinteren Ende der Ausstellung Geld bei der schwäbischen Hausfrau Schulden zu machen. Das ist eine übliche Praxis und natürlich auch in diesem Rahmen mit realem Geld möglich.

Tafel mit Projekten im Stadtmuseum Kaufbeuren

Auch am Ende der Ausstellung gibt es eine große Tafel, an der eigene Projekte geschaffen werden können, in die natürlich auch investiert werden kann. Das ist so umgesetzt, dass Stift und Zettel bereitstehen, in der man einfach seine Wünsche und Ideen für Kaufbeuren aufschreibt. Diese Möglichkeit wurde bis zu meinem Besuch schon sehr gut genutzt und ich finde viele der Ideen, die dort niedergeschrieben wurden, sehr gut. Am Ende der Ausstellung werden diese Zettel an den Oberbürgermeister Stefan Bosse übergeben, sodass das Ganze auch nicht einfach im Sande verläuft, sondern tatsächlich einen Mehrwert haben kann.

Mein Projekt Verpackungsfreier Supermarkt im Stadtmuseum Kaufbeuren

Hat man sich alle Haushaltsposten angeschaut und dort investiert, wo man investieren möchte, kommt man zu den Hebeln der Macht. Das sind tatsächliche Hebel, mit denen man für jeden einzelnen Posten nochmal bestimmten kann, wie viel man nun tatsächlich investieren möchte. Voreingestellt ist der Istzustand von 2018, jede Änderung ist möglich. Hier könnt ihr nun in Ruhe schauen, welches Szenario ihr euch für Kaufbeuren vorstellen könnt, oder wünscht.

Hebel der Macht in der SOnderaustellung Macht und Millionen im Stadtmuseum Kaufbeuren

Als Tipp (weil mit mir eine Familie in der Ausstellung war, bei der ich das genauso erlebt habe): Da die Entscheidung über eure Investitionen final erst am Ende bei den Hebeln der Macht fallen seid nicht zu scheu zu investieren! Euch entgehen die ganzen Maschinen, wenn ihr euer Geld für “später” sparen wollt (und so funktioniert ein Haushalt ja auch nicht, das Geld muss raus). Es gibt zwischendurch auch die Möglichkeit Geld zu gewinnen, an einer der Maschinen, also wenn ihr investieren wollt, zögert nicht!

Mein Fazit

Wie man in meiner Frage an Petra Weber schon gemerkt hat konnte ich mir anfangs schwer vorstellen, wie ein Museum so ein aktuelles Thema verarbeitet, denn immerhin gehts doch sonst um Geschichte.

Feuerlöscher für zu Hause Feuerlöschapparat Anfang des 20. Jahrhunderts

Umso überraschter war ich, wie erfrischend ich diese Ausstellung fand. Sie war ein sehr gelungener Mix aus aktuellen Themen, an die man sonst eigentlich nicht so gerne heran möchte, Wissensvermittlung und dem Blick zurück. Denn trotz der Aktualität wird auch immer ein Blick zurückgeworfen. Sei es in der textlichen Darstellung der einzelnen Haushaltposten, oder durch gezielt eingesetzte Exponate.

Ich habe sehr viel Neues erfahren, ohne dass ich mich sehr darum bemühen musste. Das ist natürlich der netteste Weg, um Wissen vermittelt zu bekommen: spielerisch nebenbei. Ich meine, wer interessiert sich schon groß für den Haushalt? Aber zu wissen, dass Sport gerne 6 Millionen Euro mehr hätte (nein, nicht nur für Eishockey), aber manche Bereiche schon mit unter einer Million mehr als zufrieden wären, ist doch nützlich. Die Auswertung an den Hebeln der Macht sind nochmal eine gute Zusammenfassung, in der nochmal die Daten aus der Spate stehen, aus der man investiert hat (weniger, gleich mehr Investitionen).

Eingang zum Stadtmuseum Kaufbeuren im Kaisergäßchen

Besuchen könnt ihr die Ausstellung noch bis zum 11.08, und wer das noch nicht gemacht hat, dem kann ich dazu nur raten! Mehr Infos gibt es auf der Seite des Stadtmuseums, oder direkt vor Ort im Kaisergäßchen.

Liebe Grüße,

eure Jenny

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